Bozidar Nikolić
- petjerok
- 11. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Heute teilen wir eine inspirierende Geschichte aus Serbien, genauer gesagt aus Kragujevac. Unser Gesprächspartner ist Božidar Nikolić, Präsident der Bildungs- und Kulturorganisation der Roma "Rromanipen". Mit 24 Jahren aktiver Arbeit im zivilgesellschaftlichen Bereich und im Bildungssystem hat er bedeutende Veränderungen innerhalb der Roma-Gemeinschaft angestoßen. Als Leiter und Koordinator zahlreicher Projekte hat er messbare, positive Ergebnisse erzielt und das Leben vieler Menschen bereichert. Sein Engagement ist ein Vorbild fü

Könnten Sie uns kurz Ihren Lebensweg vorstellen?
Mein Engagement für die soziale Inklusion von Roma in Serbien begann eher unerwartet im Jahr 2000, als ich als junger Aktivist und Student im zweiten Studienjahr Teil des Projekts „Gleiche Chancen“ der Open Society Foundation wurde. Ich arbeitete als Roma-Pädagogikassistent an einer Grundschule, wo ich Roma-Kinder beim Lernen unterstützte. Ich widmete mich dieser Arbeit mit großem Interesse und entwickelte mich beruflich schnell weiter. Bereits 2002 wurde ich Trainer im inklusiven Bildungsprogramm „Weder schwarz noch weiß“, das Lehrkräfte für den Umgang mit Roma-Schüler*innen sensibilisieren sollte. Seitdem wurde mein Engagement dynamischer und umfasste verschiedene Bereiche der sozialen Inklusion – sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene.
Was hat Sie dazu inspiriert, sich für die Rechte der Roma einzusetzen?
Vor allem die direkte Arbeit im Bildungsbereich mit Roma-Kindern. Als Teil des öffentlichen Bildungssystems erkannte ich viele strukturelle Mängel, oft begleitet von diskriminierendem Verhalten. Diese Erfahrungen motivierten mich, mich stärker im Bereich der politischen Interessenvertretung zu engagieren und Lösungen für diese Probleme zu suchen. Ich beteiligte mich aktiv an der Entwicklung lokaler und nationaler inklusiver Strategien zur Unterstützung marginalisierter Gruppen.
Mit welchen Herausforderungen waren Sie auf Ihrem Weg konfrontiert und wie haben sie Ihre Arbeit beeinflusst?
Eine der größten Herausforderungen war die allgegenwärtige Diskriminierung – sowohl auf persönlicher als auch auf kollektiver Ebene. Doch genau das hat mir zusätzliche Motivation und Kraft gegeben, in meiner Arbeit weiterzumachen. Eine weitere Herausforderung war es, ein unterstützendes Umfeld für die Umsetzung meiner Aktivitäten zu schaffen. Es war entscheidend, die breite Öffentlichkeit zur Unterstützung nationaler und internationaler Initiativen für die Roma-Gemeinschaft zu bewegen und Verbündete für den gemeinsamen Kampf um Gleichberechtigung zu gewinnen.

An welchen Projekten oder Initiativen zur Verbesserung der Lage der Roma-Gemeinschaft haben Sie mitgewirkt?
In meinen 24 Jahren im zivilgesellschaftlichen Bereich und im Bildungswesen habe ich zahlreiche Projekte geleitet, die sehr erfolgreiche Ergebnisse hervorgebracht haben, darunter:
PGF-Projekt – Erweiterter Zugang zu EU-Fördermitteln für Roma (2012–2015),
„Bildung – Schlüssel zu einer besseren Zukunft für Roma-Kinder“,
Frühkindliche Bildung für Roma-Kinder in Serbien,
Bildung für Mutter und Kind,
„Stark von Anfang an“,
Spielzeugbibliothek – ein Raum für die Entwicklung von Roma-Kindern und Familien,
„Setz ein Zeichen gegen Diskriminierung“,
„Ich bin Rom“ – Förderung der Roma-Sprache und kulturellen Identität,
„Mütter wissen wie“ – ein Mutter-Kind-Programm.
Und viele weitere Initiativen, die ich im Rahmen meines Aktivismus umgesetzt habe.
Können Sie eine besonders prägende Erfahrung teilen, die Sie motiviert hat?
Eine meiner unangenehmsten, aber zugleich motivierendsten Erfahrungen ereignete sich ganz am Anfang meiner Arbeit als Roma-Assistent an einer Grundschule. Die Schulleiterin sagte uns, wir sollten eine Woche lang nicht zur Arbeit kommen, weil sich einige Lehrer*innen beschwert hätten, dass Roma in den Unterricht einbezogen würden. Später bat mich eine Lehrerin im Lehrerzimmer, von einem Stuhl aufzustehen, weil sie seit 20 Jahren genau auf diesem sitze. Diese beiden Erlebnisse haben mich geprägt und motiviert, weiter für die Rechte der Roma-Minderheit zu kämpfen. Heute bin ich als einer der aktiven und anerkannten Roma-Führungspersönlichkeiten bekannt.
Welche Verbesserungen haben Sie in der Roma-Gemeinschaft durch Ihre Arbeit festgestellt?
Die Eltern sind heute unsere Verbündeten und erkennen die Bedeutung von Bildung für ihre Kinder. Die Zahl der Roma-Kinder, die die Grundschule erfolgreich abschließen, ist gestiegen, die Abbruchquote ist gesunken, und immer mehr Roma-Schüler*innen und -Studierende erhalten staatliche Stipendien. Einige der Kinder, mit denen wir schon im Vorschulalter gearbeitet haben, haben mittlerweile ein Hochschulstudium abgeschlossen. Unsere Organisation hat sich zu einem anerkannten Roma-Ressourcenzentrum auf lokaler und nationaler Ebene entwickelt.

Welchen Rat würden Sie jungen Roma geben, die ihre Gemeinschaft unterstützen möchten?
Ich empfehle ihnen, ihre Träume und Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, sich der beruflichen Entwicklung und Bildung zu widmen, Empathie für die Probleme der eigenen Gemeinschaft zu zeigen und durch ihr Engagement – insbesondere jene, die von Fördermaßnahmen profitiert haben – etwas zurückzugeben. Nur so kann ein echter Wandel entstehen.
Was sind Ihre Zukunftspläne und wie wollen Sie die Roma-Gemeinschaft weiterhin unterstützen?
Ich spüre noch immer genug Energie, um aktiv zur Entwicklung der Roma-Gemeinschaft beizutragen. Unsere Organisationsstrategie sieht vor, gezielt in junge Führungspersönlichkeiten zu investieren, die in ein paar Jahren die Verantwortung übernehmen und unsere Arbeit weiterführen sollen. Ich plane, Mentoring-Programme für junge Roma-Leader zu entwickeln und ihnen mit meinem Wissen und meiner Erfahrung zu helfen, eine neue Generation engagierter Roma zu formen – eine Generation, die den Wandel weiterträgt und die Gemeinschaft stärkt.
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