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Sead Ismail

Im heutigen Interview sprechen wir mit Sead Ismail, einem langjährigen Mitglied des Vereins für die Entwicklung und Förderung der Roma-Gemeinschaft in der weltweit einzigen Roma-Gemeinde Šuto Orizari (Šutka) in Nordmazedonien. Durch sein Engagement und seinen unermüdlichen Einsatz für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Roma ist Sead zu einer Schlüsselfigur im Kampf für Roma-Rechte geworden. Heute ist er Vorsitzender des Gemeinderates von Šutka und setzt seine Arbeit zur Förderung der Entwicklung und Integration der Roma-Gemeinschaft fort. Im Interview erzählt er uns von seinem Lebensweg, den Herausforderungen, denen er begegnet ist, und seiner Vision für die Zukunft der Roma in Nordmazedonien und darüber hinaus.



1. Können Sie uns kurz Ihren Lebensweg vorstellen?

Mein Weg als Aktivist begann 1999 während der Flüchtlingskrise, als viele Roma aus dem Kosovo nach Nordmazedonien flohen. Damals habe ich zum ersten Mal das Leid und die Herausforderungen unserer Gemeinschaft hautnah erlebt. Das hat mich tief bewegt und zum Handeln motiviert. Ich begann, mich in humanitären Hilfsaktionen zu engagieren – wir versorgten Geflüchtete mit Lebensmitteln, Kleidung und Unterkünften. Diese Erfahrung lenkte meinen Lebensweg in Richtung Aktivismus und Engagement für bessere Lebensbedingungen der Roma.


2. Was hat Sie inspiriert, sich für die Rechte der Roma einzusetzen?

Das Bedürfnis, Menschen in Not zu helfen, war schon immer Teil meines Wesens. Als ich sah, welchen Herausforderungen sich unsere Gemeinschaft stellen muss – Diskriminierung, soziale Ausgrenzung, mangelnder Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen – fühlte ich mich moralisch verpflichtet zu handeln. Mich motivierte auch der Wunsch, die Realität unserer Gemeinschaft sichtbar zu machen und gegen Vorurteile und Stereotypen zu kämpfen. Ich bin überzeugt, dass wir mit harter Arbeit und Beharrlichkeit positive Veränderungen erreichen können.


3. Mit welchen Herausforderungen waren Sie auf Ihrem Weg konfrontiert und wie haben diese Ihre Arbeit beeinflusst?

Eine der größten Herausforderungen war die Untätigkeit des Staates, der leider nicht genug unternahm, um das schwierige Alltagsleben der Roma zu verbessern. Wir standen oft vor fehlender Unterstützung, bürokratischen Hürden und sogar Widerstand bei der Umsetzung unserer Projekte. Anfangs war das frustrierend, doch bald wurde diese Situation für mich zur Motivation, noch aktiver zu werden. Ich habe gelernt, dass wir selbst proaktiv sein müssen und Chancen für Veränderungen eigenständig schaffen müssen. Diese Herausforderungen haben mich gestärkt und mir Durchhaltevermögen und Kreativität im Umgang mit Problemen beigebracht.





4. An welchen Projekten oder Initiativen zur Verbesserung der Situation der Roma-Gemeinschaft haben Sie mitgewirkt?

Ich war an zahlreichen Projekten beteiligt, darunter:

  • Faire Repräsentation der Roma-Gemeinschaft bei der Durchsetzung ihrer Rechte: Ziel war die rechtliche Aufklärung der Roma über ihre Rechte und die Bereitstellung juristischer Unterstützung. Wir organisierten Workshops, Seminare und bauten eine Rechtsberatungsstelle auf.

  • Impfkampagnen für Roma-Kinder: In Zusammenarbeit mit Gesundheitsorganisationen führten wir Impfkampagnen durch, wodurch wir die allgemeine Gesundheit verbesserten und Infektionskrankheiten reduzierten.

  • Gemeinsam gegen Umweltverschmutzung: Diese Initiative umfasste die Reinigung von Roma-Siedlungen, Aufklärung über Umweltschutz und die Einführung von Recycling. Wir ermutigten die Gemeinschaft, Verantwortung für ihr Umfeld zu übernehmen.

  • Bessere Zukunft für zurückgekehrte Roma aus der EU: Wir halfen Roma, die aus EU-Ländern zurückkehrten, bei der sozialen Reintegration. Dazu gehörten Hilfe bei Jobsuche, Bildung und Zugang zu sozialen Diensten.

5. Können Sie eine Geschichte oder Erfahrung teilen, die Sie besonders inspiriert oder motiviert hat?

Eine der inspirierendsten Erfahrungen war, als wir einem jungen Roma helfen konnten, der aufgrund finanzieller Probleme die Schule abgebrochen hatte. Mit unserem Stipendien- und Mentorenprogramm konnte er seine Ausbildung fortsetzen. Heute ist er Lehrer in seiner eigenen Gemeinschaft und motiviert andere Kinder, seinem Beispiel zu folgen. Diese Geschichte erinnert mich immer wieder daran, wie wichtig unsere Arbeit ist und welchen Unterschied ein einzelner Mensch für viele machen kann.

6. Welche Veränderungen oder Verbesserungen haben Sie in der Roma-Gemeinschaft als Ergebnis Ihrer Arbeit festgestellt?

Ich habe deutliche Veränderungen in der Bewusstseinsbildung und Eigeninitiative der Menschen festgestellt. Die Mitglieder der Gemeinschaft sind aktiver geworden, wenn es um die Durchsetzung ihrer Rechte, um Bildung und Arbeitsintegration geht. Die Zahl der eingeschulten Kinder ist gestiegen, ebenso wie das Interesse von Erwachsenen an Weiterbildung und Qualifizierungsmaßnahmen. Auch der Gesundheitszustand der Bevölkerung hat sich durch unsere Impfprogramme verbessert. Die Gemeinschaft ist insgesamt stärker vernetzt und beteiligt sich aktiver an der Lösung gemeinsamer Probleme.




7. Welchen Rat würden Sie jungen Roma geben, die sich für ihre Gemeinschaft engagieren möchten?

Ich würde ihnen raten, an sich selbst und ihre Fähigkeiten zu glauben. Bildung ist der Schlüssel zu persönlichem und gemeinschaftlichem Wachstum – daher sollten sie stets nach Wissen und Weiterentwicklung streben. Sie sollen beharrlich sein und sich nicht von Hindernissen entmutigen lassen. Es ist auch wichtig, mit anderen zusammenzuarbeiten und sich in gemeinsame Projekte einzubringen. Ihre Energie, Ideen und Leidenschaft sind entscheidend für die Zukunft unserer Gemeinschaft. Habt keine Angst, groß zu träumen – und arbeitet hart, um diese Träume zu verwirklichen.

8. Was sind Ihre Zukunftspläne, und wie wollen Sie weiterhin die Roma-Gemeinschaft unterstützen?

In Zukunft möchte ich unsere Arbeit fortsetzen und noch erweitern. Ich plane neue Programme mit Fokus auf Bildung, Beschäftigung und Gesundheitsversorgung. Ich möchte die Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen und NGOs verstärken, um nachhaltige Lösungen für die Herausforderungen der Roma-Gemeinschaft zu schaffen. Außerdem will ich mein Engagement auf politischer Ebene fortsetzen, um sicherzustellen, dass die Interessen der Roma in Entscheidungsprozesse eingebunden sind. Mein Ziel ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem Roma gleiche Chancen auf Erfolg haben und aktiv zur Gesellschaft beitragen können.

 
 
 

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